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Corporate Governance im Family Office

von Lieselotte Hasselhoff
Family Office, Corporate Governance, Familie, Vermögen, vermögensverwaltung

Wenn ein Familienunternehmen verkauft wird, gründen Familienoberhaupt und -mitglieder gerne ein Family Office für die Verwaltung des stark gewachsenen liquiden Vermögens. Wie ein Family Office ein wirtschaftlicher Erfolg wird und worauf es zur Wahrung des Familienfriedens ankommt.

Ein Gastbeitrag von Oliver Schmitt

Ein Family Office braucht Regeln

Beim Aufbau eines Family Office stellen sich häufig multiple Herausforderungen, mit welchen die Gründer in der Regel eher weniger befasst waren. Der Gedanke und die Notwendigkeit zum Family Office ergibt sich doch häufig erst nach der Veräußerung des Familienunternehmens. Neben der grundsätzlichen Wahl zwischen einem Multi oder Single Family Office, was meist abhängig davon ist, in welcher Höhe Vermögen verwaltet werden soll, stehen zahlreiche weitere Aufgaben im Mittelpunkt, wie etwa die Erarbeitung einer geeigneten und tragfähigen Investitionsstrategie und die genaue Nachfolgeplanung.

Die Notwendigkeit einer adäquaten Corporate Governance, also von Regeln für eine gute Unternehmensführung, wird meist nur beiläufig bedacht. Dabei birgt gerade auch eine gute Corporate Governance Chancen für das Family Office, sich zu einer nachhaltigen und langfristig familiär akzeptierten Organisation zu entwickeln, um unter anderem Konflikte in und zwischen den Familienstämmen möglichst zu vermeiden oder doch rasch über eine vorhandene Architektur einer friedlichen Lösung zuzuführen. Auf diese Weise kann ein Family Office neben wirtschaftlichem Erfolg auch den familiären Zusammenhang stärken.

GmbH als Basis, Gesellschafterversammlung als Herzstück

Insbesondere bei der Gestaltung von Single Family Offices ergibt sich aufgrund der alleinigen Inhaberschaft häufig die Möglichkeit, die Corporate Governance maßgeblich zu gestalten. Die meisten Family Offices sind als Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert, sodass die gesetzliche Struktur der Gesellschaft bereits das Fundament des Family Office bilden kann. Das Herzstück des Family Office wird dann regelmäßig die Gesellschafterversammlung sein, die die einzelnen Familienstämme – diese können wiederum in einer Personengesellschaft (z.B. GbR) organisiert sein – repräsentiert.

Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten für das Family Office

Von Vorteil ist das weitgehend dispositive Recht der GmbH (Grundsatz der Satzungsfreiheit). Im Gegensatz zu einer AG können die Gesellschafter ihre Verhältnisse freier ausgestalten und sind weniger stark an das gesetzliche Leitbild einer Publikumsgesellschaft gebunden. So können insbesondere Veto-Rechte einzelner Mitglieder und Stämme verankert werden, die den nachhaltigen Einfluss sicherstellen können. Als nachteilig kann hingegen empfunden werden, dass aufgrund der Publizität des Gesellschaftsvertrags im Handelsregister eben jene Interna nach außen für jedermann sichtbar werden können. So wird es häufig unerwünscht sein, dass die erarbeitete Familienstrategie öffentlich wird. 

Doch auch dies kann durch den Einsatz von Gesellschaftervereinbarungen, die nicht publik gemacht werden müssen, vermieden werden. In solchen Gesellschaftervereinbarungen könnte zum Beispiel ein genaues Prozedere für den Fall von Gesellschafterstreitigkeiten niedergeschrieben werden, um Blockadesituationen zu beseitigen und den Zusammenhalt der Familie zu stärken, sodass den Vereinbarungen auch eine über die reine Wirtschaftlichkeit hinausgehende Bedeutung zukommen kann. Gesetzliche Grenzen für den Einsatz solcher Vereinbarungen können jedoch bestehen. Mitunter sind besondere Formerfordernisse (notarielle Beurkundung) zu beachten. Unternehmerfamilien sollten hier jedenfalls spezialisierte rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um nicht das Risiko einer Unwirksamkeit elementarer Vereinbarungen einzugehen.

Andererseits kann es durchaus auch gewünscht sein, gewisse Ziele und Grundwerte der Familie (z.B. Berücksichtigung von ESG-Belangen) in der Satzung niederzulegen. Die dadurch zementierte Signal- und Bindungswirkung kann auch einen Reputationsgewinn mit sich bringen, der für einige Family Offices und deren Inhaber nicht zu unterschätzen sein dürfte und mit einer erhöhten Glaubwürdigkeit einhergeht.

Flexibel gestaltbarer Beirat

Gerade auch hinsichtlich der Implementierung einer passgenauen Corporate Governance bietet die GmbH viele gute Möglichkeiten. Es lässt sich ohne weiteres ein Beirat aus Sachverständigen einrichten, der wiederum die Geschäftsführung beraten oder bei Bedarf auch kontrollieren kann. Dabei ist die genaue Ausgestaltung dieses Beirats flexibler als beispielsweise der Aufsichtsrat einer AG. So können bestimmte Geschäfte von der Zustimmung dieses Beirats abhängig gemacht werden, er kann aber auch nur konsultativ fungieren. Auch die Auswahl der Beiratsmitglieder kann durch die einzelnen Stämme der Inhaber erfolgen, wobei auch gewisse Mitglieder von der Teilhabe ausgeschlossen werden können. Es können aber auch klare objektive fachliche Kriterien zur Auswahl der Beiratsmitglieder aufgenommen werden, um die Geschäftsführung bei der Entscheidung über Investitionen möglichst fachkundig zu beraten. Eine weitere Steuerung der Geschäftsführung durch den Erlass einer abgestimmten Geschäftsordnung ist ebenfalls möglich.

Fazit

Die Gestaltungsmöglichkeiten der Corporate Governance von Family Offices sind gerade für Single Family Offices vielfältig. Für nahezu jedes Problem existieren Lösungen, die den Besonderheiten der Mitglieder und ihren Bedürfnissen Rechnung tragen. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Familienstrategie und der angestrebten langen Laufzeit des Family Office, sollte in der Entstehungsphase eine rechtlich fundierte Analyse und professionelle Ausgestaltung und Umsetzung erfolgen. In angemessenen Abständen oder bei wesentlichen Veränderungen kann eine Überprüfung der bestehenden Strukturen zu empfehlen sein.

 

Dr. Oliver Schmitt von Roedl & Partner

© Rödl & Partner

Dr. Oliver Schmitt ist Partner bei Rödl & Partner und leitet den Bereich Gesellschaftsrecht, M&A, Kapitalmarktrecht am Standort in München sowie die Praxisgruppe Corporate und M&A Deutschland.

Als Experte berät er internationale inhabergeführte Unternehmen, etwa bei Umstrukturierungen, z.B. in die Rechtsform der SE, sowie bei Unternehmenskäufen und -verkäufen. Er begleitet Unternehmerfamilien auf dem Weg zu Family Office und laufender Governance, sowie bei Unternehmensbeteiligungen. Schmitt veröffentlicht regelmäßig in Publikationen und ist häufig Referent bei Fachveranstaltungen. Er absolvierte sein Postgraduierten-Studium in Frankreich  (D.E.A.) an der Université de Rennes I und spricht fließend Englisch, Französisch und Spanisch.

 

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