Home Mittelstand Der Immobilienmarkt sucht seinen Boden

Der Immobilienmarkt sucht seinen Boden

von Lieselotte Hasselhoff
Immobilien, Immobilienmesse, Expo Real, Immobilienbranche

Die Immobilienbranche hat ein paar schwierige Jahre hinter sich. Auf breiter Front fielen die Immobilienpreise, viele Bauvorhaben wurden gestoppt und Projektentwickler gingen reihenweise pleite. Doch es zeigen sich Silberstreifen am Horizont, der Immobilienmarkt erholt sich. Die Expo Real, die wichtigste Immobilienmesse Deutschlands, steht am Wendepunkt. Was für die Rückkehr des Immobilienbooms spricht, und warum es vorher schlimmer werden könnte.

Von Holger Clemens Hinz

In der historischen Rückschau wird es heißen, es seien die goldenen Jahre gewesen: Mehr als ein Jahrzehnt, von 2009 bis 2022, dauerte der Immobilienboom in Deutschland. Seitdem ging es talwärts, der Markt steckte in einer Krise. Doch nun mehren sich die Anzeichen, das die Immobilienbranche auf den Wachstumspfad zurückkehrt. Was hat die Kehrtwende ausgelöst? Und was lassen die Prognosen für die Zukunft erwarten?

Blicken wir nochmal kurz zurück. Deutschlands Immobilienmarkt war über Jahrzehnte grundsolide, ja geradezu langweilig. Es gab keine dynamischen Preissteigerungen, die Zinsen lagen im Mittelfeld, die Bautätigkeit war moderat. Doch mit der weltweiten Finanzkrise änderte sich das Umfeld dramatisch. Um den Finanzmarkt und die beteiligten Banken zu retten, senkten die Notenbanken ihre Leitzinsen auf nahezu null. Baufinanzierungen waren so für sehr kleines Geld erhältlich, plötzlich wurden Häuser und Wohnungen für breite Teile der Bevölkerung erschwinglich. Die Folge: die Nachfrage nach Wohngebäuden explodierte und sorgte so für einen rasanten Anstieg der Immobilienpreise. Auch die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeimmobilien erlebten einen Boom, da die niedrigen Finanzierungskosten die Vorhaben und Projekte für die Investoren rentabler machten.

Das Ende des Abwärtstrends am Immobilienmarkt?

Als die Europäische Zentralbank (EZB) nach mehr als einem Jahrzehnt der Null- und Niedrigzinsen ihre Leitzinsen ab dem Sommer 2022 im Eiltempo erhöhte, um die durch den Ukraine-Krieg entfesselte Inflation zu bändigen, war es mit der Herrlichkeit am Immobilienmarkt vorbei. Nicht nur die Finanzierungskosten waren durch die Zinserhöhungen der EZB deutlich gestiegen, auch die Baukosten explodierten regelrecht, weil chronischer Handwerkermangel, lange Lieferzeiten und dramatisch gestiegene Materialkosten das Bauen erheblich verteuerten. Die Folge: Finanzierungen platzten, Baustellen wurden geschlossen, Bauvorhaben verschoben und zahlreiche Projektentwickler schlitterten in die Pleite. Seit Ende 2022 fallen die Immobilienpreise in der Breite des Marktes.

Dieser Abwärtstrend dauert nun schon zwei Jahre. Doch jetzt deuten die Daten erstmals wieder auf eine Erholung hin: Gegenüber dem Vorquartal sind die Immobilienpreise im zweiten Quartal 2024 erstmals seit zwei Jahren wieder gestiegen. Der Häuserpreisindex legte laut Destatis um 1,3 Prozent zu. Besonders gut entwickelten sich Ein- und Zweifamilienhäuser in Großstädten mit einem Plus von 2,6 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal. Auch andere Immobilienindizes wie der German Real Estate Index signalisieren eine Trendwende im zweiten Quartal.

Büro bleibt Sorgenkind, andere Segmente hoffen auf Bodenbildung

Was sind die Gründe für die Erholung? Gerade im Wohngebäudesegment könnte die Trendwende gelingen, weil die Nachfrage nach wie vor das Angebot übersteigt. In anderen Segmenten, etwa bei Büroimmobilien, ist die Lage nach wie vor schwierig. Zwar gibt es Unternehmen, die Arbeiten im Homeoffice weiter einschränken, in der Summe dürften jedoch die meisten Firmen nicht auf ein Vor-Corona-Niveau zurückkehren und der Bedarf weiter die alten Prognosen unterschreiten. Die Umwidmung von Bürokapazitäten in andere Verwendungsbereiche dürfte daher ein großes Thema bleiben. Aber abgesehen vom Markt für Büroimmobilien steigen die Immobilienpreise in allen Segmenten zumindest leicht an. Allerdings ist noch unklar, ob dies schon eine nachhaltige Trendwende darstellt.

Ursächlich für die Erholung am Immobilienmarkt sind verschiedene Faktoren. Zum einen fand in den zwei Jahren des Abwärtstrends eine Marktkorrektur und -konsolidierung statt. Überzogene Immobilienpreise wurden nach unten korrigiert, die Baufirmen konnten ihre vollen Auftragsbücher noch abarbeiten und haben wieder Kapazitäten frei. Lieferketten haben sich stabilisiert, Engpässe wurden abgebaut. Auch die Inflation ist dank der Zinserhöhungen der EZB deutlich gesunken und liegt bereits nahe am Zielwert der Notenbank.

Vor allem aber haben sich die Finanzierungskosten stabilisiert und die Zinsen sind schon leicht gesunken. Die EZB hatte bereits im Juni eine erste Zinssenkung vorgenommen, im September folgte die zweite um jeweils einen Viertelprozentpunkt. Darüber hinaus sind weitere Zinssenkungen angesichts der schlechten Konjunkturentwicklung wahrscheinlich.

Allerdings ist der Aufschwung noch nicht sonderlich ausgeprägt. Viele Immobiliengesellschaften stehen nach wie vor noch vor Herausforderungen und Altlasten, zum Beispiel unterbrochenen Bauprojekten und schwieriger Finanzierung. Es ist daher vorerst noch mit weiteren Pleiten und Restrukturierungen in der Branche zu rechnen. Auch Fusionen und Übernahmen sind wahrscheinlich, bevor es wieder richtig aufwärts geht.

Branchentreffen noch ohne klaren Trend

Trotz zarter Erholungssignale bleiben viele Fragezeichen. Ist die Trendwende nachhaltig? Was erwartet Finanzierer, Handwerksbetriebe, Käufer und Bauherren? Und wie bewältigt die Branche Herausforderungen wie die Energie- und Klimawende, strengere Bauvorschriften, den Fachkräftemangel, die Digitalisierung und den Einsatz von KI? Auch die Start-up-Finanzierung von Proptechs für problemlösende Technologien, kurz, die Trends bei Gewerbe- und Wohnimmobilien werfen noch Fragezeichen auf.

All diese Themen werden auf der Immobilienmesse Expo Real in München vom 7. bis 9. Oktober diskutiert und vielleicht teilweise auch beantwortet werden. Die Unsicherheit ist noch groß, eine echte Aufbruchstimmung – das kann man schon jetzt in den Kommentaren zur Messe nachlesen – lässt noch auf sich warten. Die internationale Fachmesse mit 1700 Ausstellern aus 34 Ländern hat für die aktuellen Herausforderungen der Branche sogar einen eigenen Bereich geschaffen. Unter dem Motto „Transform & Beyond“ dürften sich besonders viele Problemlöser versammeln, die jetzt dringend benötigt werden. Denn mit ihnen kann es am Immobilienmarkt wieder für lange Zeit aufwärts gehen.

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

You may also like

Hinterlassen Sie einen Kommentar