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KMU: Drei Buchstaben von großer Bedeutung

von Holger Clemens Hinz
KMU

In der Wirtschaftspresse ist des Öfteren von KMU die Rede. Doch was versteckt sich eigentlich hinter dem Kürzel, das viele automatisch (und fälschlicherweise) mit dem Begriff Mittelstand gleichsetzen? Und welche Herausforderungen stellt das Thema Finanzierung an die Unternehmen in diesem Bereich?

Mittelstand ist ein häufig verwendetes Wort, das mittlerweile auf eine lange Historie zurückblicken kann. Erstmals soll der Ausdruck Ende des 17. Jahrhunderts in Schlesien gefallen sein. Und auch wenn ihn heutzutage viele nutzen – im alltäglichen Sprachgebrauch ebenso wie in der Presse –, wissen viele nicht mit hundertprozentiger Sicherheit, was konkret eigentlich der Mittelstand ist. Ebenso geht es vielen mit dem Ausdruck KMU, den manch einer mit dem Mittelstandsbegriff gleichsetzt.

Kriterien für den Mittelstand

Wer an Mittelstand denkt, der denkt in erster Linie an Tradition, an Familienunternehmen, an inhabergeführte Gesellschaften. Er denkt an das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, an einen Motor für Innovationen. Und damit liegt er eigentlich auch schon ziemlich nah dran an der Wahrheit. Wer nun meint, dass dies eher qualitative Kriterien seien, hat vollkommen Recht. Denn in der Tat richtet sich eine akademische Klassifizierung des Mittelstands nicht nach einer quantitativen Größe des jeweiligen Unternehmens. 

Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn etwa definiert ein Unternehmen als dem Mittelstand zugehörig, wenn dieses eine Einheit von Eigentum und Leitung mit sich bringt. Vom Unternehmer selbst erwartet das Institut, dass:

  • von diesem ein maßgeblicher persönlicher Einfluss ausgeht
  • er das unternehmerische Risiko trägt und
  • seine persönliche und Erwerbs- und Existenzgrundlage durch das Unternehmen gesichert ist.

Als Synonyme für „Mittelstand“ sieht das IfM die Begriffe „Familienunternehmen“, „Eigentümerunternehmen“ und „familiengeführte Unternehmen“ an. Das heißt, dass auch große Gesellschaften dem Mittelstand angehören können.

Unterschied zwischen Mittelstand und KMU

Eine Definition nach Größe gibt es für den Mittelstand also nicht. Es gibt sie allerdings für die sogenannten KMU – und das ist auch der Grund, warum dieses Kürzel nicht nur in der Wirtschaftspresse und bei Kapitalmarktexperten immer wieder Verwendung findet. KMU steht für kleine und mittlere Unternehmen, im Englischen heißt es analog Small and medium-sized enterprises, abgekürzt SMEs.

Nach der Definition des IfM Bonn sind folgende Größen bei Beschäftigen und Umsätzen für die Klassifizierung als kleines beziehungsweise mittleres Unternehmen entscheidend:

Typ Beschäftigte   Umsatzerlös
in Mio. €
Kleinstunternehmen ≤ 9 und ≤ 2
Kleine Unternehmen ≤ 49 und ≤ 10
Mittlere Unternehmen ≤ 499 und ≤ 50

Quelle: IfM Bonn

 

Auch von der EU-Kommission gibt es eine Definition für KMU, die zusätzlich noch die Bilanzsumme des jeweiligen Unternehmens als Kriterium für eine Kategorisierung einschließt:

KMU-Schwellenwerte der EU seit 01. Januar 2005

Unternehmensgröße Zahl der Beschäftigten und Umsatz €/Jahr oder Bilanzsumme €/Jahr
kleinst bis 9   bis 2 Millionen   bis 2 Millionen
klein bis 49   bis 10 Millionen   bis 10 Millionen
mittel bis 249   bis 50 Millionen   bis 43 Millionen

  Quelle: EU-Kommission, IfM Bonn

 

Größter Unterschied der beiden Definitionen ist davon abgesehen der Umstand, dass die EU Unternehmen nur bis zu einer Beschäftigtenzahl von 249 als mittelgroß ansieht, das IfM das bis zu 499 tut und erst ab 500 Mitarbeitern von Großunternehmen spricht.

Schnittmengen zwischen KMU und Mittelstand

Die Begriffe „Mittelstand“ und KMU sind aber keine Synonyme. Genau genommen sind die Begriffe Mittelstand und KMU auch nicht einander gleichzusetzen. Dennoch gibt es Schnittmengen. So treffen auf den Großteil der KMU die oben genannten Eigenschaften eines Mittelständlers zu, also die Einheit von Eigentum und Leitung sowie die überdurchschnittlich starke persönliche Einflussnahme des Unternehmers. Andererseits können diese Kriterien auch von Großunternehmen erfüllt werden, die die für ein KMU entscheidenden Kennzahlen bei weitem überschreiten.

KMU und Mittelstand in Zahlen

Dass der Mittelstand ebenso wie die KMU als Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet wird, liegt in der auch zahlenmäßigen volkswirtschaftlichen Relevanz der damit bezeichneten Unternehmen begründet. Das Bonner IfM hat dazu einige Daten aus dem Jahr 2016 zusammengetragen: Rund 3,46 Millionen Unternehmen waren seinerzeit den KMU (welche das IfM als solche definiert) zuzurechnen, das entspricht 99,5 Prozent aller Unternehmen mit Umsatz aus Lieferungen und Leistungen und/oder sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland. Sie erwirtschafteten zusammen rund 2,27 Billionen Euro, das waren 35,3 Prozent des gesamten Umsatzes in Deutschland. Sie beschäftigen mit 17,18 Millionen 58,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hierzulande. Ebenfalls deutlich wird ihre Bedeutung bei einem Blick in Richtung Zukunft: So entfallen auf KMU 82 Prozent aller Auszubildenden sowie mit 9,4 Milliarden Euro ein Anteil von 11,9 Prozent an den gesamten Forschungs-und-Entwicklungs-Aufwendungen des Wirtschaftssektors. Last not least lag ihr Exportumsatz bei rund 208,2 Milliarden Euro (17,0 Prozent des Exportumsatzes aller Unternehmen), und sie trugen rund 53,5 Prozent zur gesamten Nettowertschöpfung aller Unternehmen bei.

Im Übrigen ist die große Relevanz kleiner und mittlerer Unternehmen für die Gesamtwirtschaft nicht auf Deutschland beschränkt – laut der Statistikbehörde Eurostat handelt es sich bei 98 Prozent der am Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union (EU) beteiligten Unternehmen um solche, die den KMU zuzuordnen sind.

Spezielle Herausforderungen für KMU

Zu den vorrangigsten aktuellen Themen für KMU zählt die Digitalisierung. Die digitale Transformation etwa der Betriebsprozesse ist für viele Unternehmen des Mittelstands ein ambitioniertes Unterfangen, da Versäumnisse der vergangenen Jahre, teilweise sogar Jahrzehnte, aufgeholt werden müssen, bevor der Anschluss verloren geht. Größere Unternehmen sind in diesem Punkt in der Regel schon einige Schritte weiter, auch weil sie über größere finanzielle Möglichkeiten verfügen. Grundsätzlich hat sich in den vergangenen Jahren schon einiges getan in der Entwicklung.

So hat der Wirtschaftsindex DIGITAL des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, kurz BMWi, für das Jahr 2018 wie im Vorjahr einen Index von 54 (von 100 möglichen) Punkten erreicht. Der Index basiert auf der Befragung von Entscheidern aus 1.061 Unternehmen und stellt mithilfe einer Zahl den Digitalisierungsgrad der deutschen Wirtschaft dar. Dieses Barometer berücksichtigt nach Angaben des BMWi drei Aspekte: die Nutzung digitaler Geräte, den Stand der unternehmensinternen Digitalisierung sowie die Auswirkung der Digitalisierung auf die Firmen.

Besonderheiten bei der Finanzierung von KMU

Für KMU sind die Herausforderungen bei der Finanzierung besonders, entsprechend müssen sich Kapitalmarktexperten, die auf den Mittelstand spezialisiert sind, auch mit der Entwicklung in diesem Bereich beschäftigen. Gerade bei kleineren und jungen Betrieben sind die Geldinstitute im Zuge der Basel-III-Richtlinien bei der Kreditvergabe restriktiver geworden und verlangen von den Unternehmen Sicherheiten, die diese nicht in jedem Fall leisten können. Grundsätzlich bietet die Mittelstandsfinanzierung aber mehrere gute Alternativen, die von einer Anleihe bis zu einem Börsengang reichen können.

 

 

Über den Kapitalmarktblog:

Hier schreiben die Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank über die deutsche Wirtschaft und alles, was den heimischen Mittelstand bewegt. Das erfahrene Team der Quirin Privatbank hat die Entwicklungen rund um die Mittelstandsfinanzierung immer im Blick und zeigt auf, welche alternativen Finanzierungsformen für KMU interessant sind.

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